Pflegegrade
Nach dem Pflegestärkungsgesetz II ist mit Wirkung zum 01.01.2017 eine Umstellung bei der Begutachtung erfolgt. Die zuvor gültigen Pflegestufen 0,1,2 und 3 wurden durch die Pflegegrade 1 bis 5 ersetzt und sollen insbesondere die häusliche Betreuung und demenziell veränderte Menschen vom Leistungsumfang bevorzugen.
Hingegen werden Heimzuzahlungen für alle Pflegegrade angeglichen, so dass diese nicht mehr nach dem Umfang der empfangenen Leistungen berechnet werden, sondern pauschal über alle Pflegegrade erhoben werden. Dies wirkt sich insbesondere für diejenigen nachteilig aus, die in einen geringen Pflegegrad eingestuft sind.
Wie schwer ein Betroffener pflegebedürftig ist, hängt vom jeweiligen Pflegegrad ab. Dieser wird mittels Gutachter festgelegt. Diese kommen vom MDK, medizinischen Dienst der Krankenversicherung (gesetzlich versichert), oder von Medicproof, dem medizinischen Dienst der privaten Krankenversicherung.
Pflegegrad 1
Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Der Pflegegrad 1 ist die niedrigste Einstufung. Die Betroffenen, die in den Pflegegrad 1 eingestuft werden, erhalten Pflegegeld, können dies aber nur zweckgebunden einsetzen. Das bedeutet, dass das Pflegegeld nachweislich für Entlastungs- und Betreuungsleistungen ausgegeben werden muss. Diese Leistung muss von in Deutschland zugelassenem Personal erbracht werden und steht daher nicht zur freien Verfügung für die Refinanzierung unserer angebotenen Dienstleistung.
Pflegegrad 2
Erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Betroffene, die den Pflegegrad 2 erhalten, leiden meist bereits unter körperlichen Beeinträchtigungen und müssen mehrmals, wenngleich nur für kürzere Zeit, pflegerische Hilfe in Anspruch nehmen. Sie benötigen oftmals Hilfe beim Anziehen, Waschen oder auch beim Toilettengang. Ebenso benötigen die Betroffenen Hilfe bei der Medikamentengabe o.ä.
Pflegegrad 3
Schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Der Definition nach haben Menschen mit Pflegegrad 3 bereits schwere motorische Beeinträchtigungen, Probleme beim Stehen und Gehen oder auch Funktionsstörungen der Arme. Sie benötigen umfangreiche Hilfen beim Waschen und Ankleiden. Die Betroffenen können sich nur begrenzt in der Wohnumgebung fortbewegen. Die grundpflegerische Unterstützung muss ganztägig, also mehrmals am Tag erfolgen. Ebenso fallen in den Pflegegrad auch diejenigen, die mehrmals täglich psychosoziale Unterstützung benötigen.
Pflegegrad 4
Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Die Betroffenen müssen vollumfänglich grundpflegerisch versorgt werden. Ebenso steigt die psychosoziale Unterstützungsleistung an, so dass Bedieninstrumente gereicht werden müssen. Häufig benötigen die Menschen mehrmals in der Nacht Hilfe in unterschiedlicher Form, sei es Lagern, Wechsel von Inkontinenzmaterial o.ä. Bei Menschen mit Pflegegrad 4 sind auch umfangreiche begleitende behandlungspflegerische Leistungen durch einen Pflegedienst unabdingbar.
Pflegegrad 5
Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung
Bei Betroffenen mit Pflegegrad 5 muss eine komplette Versorgung übernommen werden, meist auch die Obacht auf medizinische Geräte o.ä. Es können von dem pflegebedürftigen Menschen keine Aktivitäten mehr vorgenommen werden. Hier muss quasi eine "Rund-um-die-Uhr Betreuung" stattfinden, die nur durch das Zusammenspiel mehrerer Dienste in der Häuslichkeit überhaupt noch vorgenommen werden kann.
Feststellung der Pflegebedürftigkeit
Bei der Beurteilung, wie stark Pflegeversicherte pflege- und hilfsbedürftig im Sinne der Pflegeversicherung (SGB XI) sind, zählt seit Januar 2017 in erster Linie, wie selbstständig sie in sechs wesentlichen Bereichen ihres täglichen Lebens noch sind. Die Gutachter, die von den Pflegekassen mit der Begutachtung der Antragsteller beauftragt werden, berücksichtigen neben den vorhandenen körperlichen und kognitiven Ressourcen des Antragstellers auch
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die vorliegenden ärztlichen Diagnosen zu psychischen oder körperlichen Erkrankungen, geistigen oder körperlichen Behinderungen,
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Entlassungsberichte von Krankenhäusern sowie
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Dokumentationen oder Berichte von Pflegediensten und anderen Versorgern.
Die sechs entscheidenden Bereiche, nach denen die Gutachter Antragsteller auf einen Pflegegrad begutachten, sind die Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweise, Selbstversorgung, der Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Belastungen, sowie die Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte.
Pro Aktivitätsbereich vergeben die Gutachter Punkte, die am Ende gewichtet und addiert werden. Daraus ergibt sich die Gesamtpunktzahl, die über einen Pflegegrad entscheidet. Je höher die Anzahl der bei der Begutachtung ermittelten Punkte ist, desto größer ist der Unterstützungsbedarf und desto höher ist der Pflegegrad.
1.
Mobilität
Körperliche Beweglichkeit, Fortbewegen innerhalb der Wohnung, des Wohnbereichs oder Treppensteigen.
2.
Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
Verstehen und Sprechen, Orientierung zu Ort und Zeit, Sachverhalte begreifen, Risiken erkennen, andere Menschen im Gespräch verstehen.
3.
Verhaltensweise und psychische Problemlagen
Zum Beispiel Unruhe in der Nacht, Abwehr pflegerischer Maßnahmen, Ängste und Aggressionen, die für den Betroffenen selbst und andere belastend sind.
4.
Selbstversorgung
Zum Beispiel selbstständiges Waschen und Anziehen, Essen und Trinken, selbstständige Benutzung der Toilette.
5.
Umgang mit krankheitsbedingten Belastungen
Zum Beispiel die Fähigkeit, Medikamente selbst einnehmen zu können, Blutzuckermessungen selbst durchzuführen und deuten zu können; mit dem Rollator zurechtzukommen;
6.
Gestaltung des Alltagslebens und soz. Kontakte
Zum Beispiel den Tagesablauf selbstständig gestalten zu können; mit anderen Menschen in direkten Kontakt zu treten oder Gesprächskreise ohne fremde Hilfe aufsuchen zu können.
Antrag auf einen Pflegegrad
Fällt Ihnen auf, dass Ihr Angehöriger immer mehr und dauerhaft auf Unterstützung angewiesen ist, so können Sie für ihn oder mit ihm zusammen einen Antrag auf Pflegegrad stellen. Auch wenn Sie bei Ihren Eltern, Großeltern oder Bekannten eine angehende Demenz beobachten, kann für sie ein Anspruch auf Leistungen aus der Pflegekasse bestehen.
Wer für sich selbst oder einen pflegebedürftigen Angehörigen, Bekannten oder Freund den Antrag auf Pflegegrad bzw. auf Pflegeleistungen bei seiner Pflegekasse stellt, sollte Folgendes beachten:
Leistungen werden von der Pflegekasse frühestens ab dem Monat der Antragstellung gewährt. Wer die Leistungen zum Monatsende beantragt, erhält die volle Leistung schon für den Monat, in dem der Antrag gestellt wurde. Daher lohnt es sich, den Antrag so früh wie möglich zu stellen!
In 5 Schritten zum Pflegegrad
Schritt 1
Rufen Sie bei der zuständigen Pflegekasse Ihres Angehörigen an oder schreiben Sie einen kurzen, formlosen Brief an die Pflegekasse und beantragen Sie für ihn Leistungen aus der Pflegeversicherung. Die Pflegekassen sind den zuständigen Krankenkassen angeschlossen, sodass Sie sich an Ihren üblichen Ansprechpartner wenden können. Sie werden nach dem Anruf ein Formular per Post erhalten.
Schritt 2
Sobald der Antrag für den Pflegeversicherten bei der Pflegekasse eingegangen ist, informiert die Pflegekasse den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK; bei gesetzlich Versicherten) bzw. einen Gutachter von MEDICPROOF (bei privat Versicherten). Gleichzeitig fordert die Pflegekasse den Versicherten bzw. seinen gesetzlichen Vertreter dazu auf, alle notwendigen Unterlagen wie Krankheitsberichte, Atteste von Ärzten, Unterlagen des ambulanten Dienstes etc. bereitzuhalten.
Schritt 3
Nachdem Sie den Antrag schriftlich eingereicht haben, wird sich ein Gutachter des MDK (bei gesetzlich Versicherten) oder MEDICPROOF (bei privat Versicherten) ankündigen, um einen Termin zu vereinbaren und den Antragsteller persönlich zu begutachten. Mit dem zugesandten PDF Dokument und Ihrer Einschätzung bzgl. des Pflegebedarfs können Sie sich auf die einzelnen Untersuchungsbereiche des Gutachtens gut vorbereiten.
Schritt 4
Die Beobachtungen und Feststellungen des Gutachters während seines Besuchs beim Versicherten werden z. B. mit ärztlichen Diagnosen, Entlassungsberichten von Krankenhäusern und Auswertungen bisheriger Unterlagen zusammengeführt. Daraus ergibt sich das fertige Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit, das der Gutachter an die Pflegekasse weiterleitet. Das dient als Basis für die Pflegekasse für die Entscheidung über die Anerkennung oder Ablehnung eines Pflegegrads.
Schritt 5
Die Pflegekasse informiert den Versicherten in einem Bescheid über die Anerkennung oder Ablehnung eines Pflegegrads. Daraus ergibt sich für den Antragsteller der Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung.
Sollte der Antragsteller fälschlicherweise keinen Pflegegrad erhalten bzw. ein zu geringer Pflegegrad anerkannt worden sein, so können Sie Widerspruch gegen die Entscheidung der Pflegekasse einlegen.